Bis auf die Lautsprecher und die Stromversorgung des Tonbandgerätes ist alles über Steckverbindungen miteinander verbunden. Und da das Tonband erst getestet werden kann wenn das Radio instandgesetzt ist, geht's mit dem Radiochassis los.
Es bestätigt sich hier wieder, wie dankbar Radios sind, welche technisch noch unberüht sind. Nach den Standardarbeiten lief das gute Stück wieder anstandslos. Der alte Selengleichrichter schwächelte allerdings mächtig. Wenn 230 Volt ~ reingehen und nur 220 Volt = rauskommen, dann hat der gute Gleichrichter definitiv sein Leben hinter sich. Er wurde ausgetauscht gegen einen Siliziumgleichrichter samt ausgemessenen Vorwiderstand. Ansonsten wurden die üblich Verdächtigen ausgetauscht und alles gründlich gereinigt.
Und wie ja schon fast Standard bei Grundig, die Dämmung des Hauptlautsprechers mußte erneuert werden. Die seitlichen Lautsprecher haben übrigens überhaupt keinen Dämmstreifen, sie sind direkt auf eine separate Holzplatte geschraubt.
Danach gab es wieder ein sehr gut empfangendes und kräftig klingendes Radio.
Sagte ich unberührt? Na ja, fast. Das Radiochassis selber war in der Tat jungfräulich. Und dennoch suchte ich zunächst einen Fehler an einer Stelle wo keiner war. Das Radio verfügt über einen ungewöhnlichen 3D - Schalter, wie ich Ihn bisher nicht kannte. Er verfügt über drei mögliche Schaltstellungen:
Die braun/weiße Scheibe dreht sich bei Schaltung entsprechend mit und zeigt später in der Glasskala braun (1), braunweiß (2), weiß (3) an.
Ich finde diese Idee technisch und auch in der optischen Umsetzung sehr charmant und gelungen.
Jetzt zu dem Fehler. Um diese 3D - Reglung auch vernünftig testen zu können, waren während des Probelaufes natürlich auch die Gehäuselautsprecher (provisorisch) angeschlossen. In Stellung 1 war das Radio stumm. Nur der, erstaunlicherweise funktionierende, Elektrostat "blecherte" vor sich hin. Ein Umstand, welcher den Ausgangsübertrager so gar nicht freut. Ohne Last durch einen Lautsprecher droht Gefahr das der AÜ durchbrennt! Was ist der erste Verdacht? Richtig. Der 3D - Schalter arbeitet nicht richtig. Eine Überprüfung ergab jedoch, alles in Ordnung.
Dann fiel mir etwas ein. Bei der ersten Durchsicht sah ich einen Knopf neben dem Tonbandgerät. Diesen konnte ich spontan nicht zuordnen, wollte mich aber erst später damit beschäftigen, wenn das Tonbandgerät dran ist. Jetzt kam mir jedoch ein Gedanke.....
Dieser Knopf war ein nachträglich eingebauter Schalter. Und dieser tat nichts anderes als den Hauptlautsprecher abzuschalten. Unterhalb des Brettes wurde dazu einfach das Lautsprecherkabel durchtrennt und durch den Schalter geschleift. Tatsächlich war das nicht das erste Radio bei dem man mittels nachträglich installiertem Schalter den Lautsprecher abschalten konnte. Den Sinn darin habe ich allerdings noch nicht nachvollziehen können. Kurzum - der Lautsprecher wurde wieder direkt angeschlossen, der Schalter stillgelegt. Aus optischen Gründen und auf Kundenwunsch verblieb er jedoch funktionslos an Ort und Stelle. Jetzt funktionierte auf jeden Fall die dreifach 3D Schaltung einwandfrei.
Das Radio erhielt dann noch den Bluetoothadapter und einen NOS magischen Fächer EM85. Die EM85 ist recht selten in einem Radio verbaut. Meist dient dieser magischer Fächer in Tonbandgeräten zur Aussteuerungsanzeige bei Aufnahme. Das war auch bei dem hier verbauten Tonbandgerät der Fall, zu dem wir jetzt kommen.
Tonbandgerät TM 5
Das TM5 ist die Bezeichnung für ein reines Einbaugerät wie hier in solch eine Radio/Tonbandkombie oder auch in Musiktruhen. Das (fast) gleiche Gerät gibt es auch als Tonbandkoffer, hier dann mit eigenen Lautsprechern. Das ist dann ein TK5. Das Modell war sehr beliebt und im Grunde das erste Tonbandgerät, welches sich Otto Normalverbraucher finanziell auch leisten konnte. Es verfügt nur über eine mögliche Bandgeschwindigkeit von 9,5 cm/sec. mit einer max. Spielzeit von 2 Stunden pro 15 cm Band. Als diese Radio/Tonbandkombie war das Gerät allerdings wohl nur für wenige Menschen erschwinglich. Der Originalpreis lag damal bei 865,- DM was einem heutigen Wert von ca. 2500,-€ entspricht! Der TM5 Einzelpreis lag bei 375,- DM, das TK5 kostete 485,-DM.
Grundsätzlich kann man sagen, die Mechanik wurde für die Ewigkeit gebaut. Alles ist absolut robust und im Grunde unkaputtbar. Ich würde sagen es gibt nur drei Schwachpunkte, welche aber alle altersbedingt bergründet sind.
Klassisch ist hier der Mitnehmer aus Kunststoff, in welchen die Tonbandspule in drei Nasen eingelegt wird. Diese Nasen sind oft abgebrochen. Hier war jemand sehr kreativ und hat an diesen Stellen Löcher gebohrt und auf länge gebrachte, abgerundete Nägel von unten eingbracht und verklebt. Und da bekanntlich nichts so lange hält wie ein Provisorium - es funktioniert heute immer noch. Aber dennoch kommt hier ein neues Teil rein. Und in diesem Fall meine ich tatsächlich neu. Unterer Mitnehmer stammt aus einem 3D- Drucker! Farblich wurde ein Filament in Farbe Natur gewählt, welches dem original sehr nahe kommt. Es wurden dann auch gleich beide Seiten ersetzt.
Und dennoch, es steckt einiges an Aufwand drin alles wieder auf Vordermann zu bringen. Das Tonbandgerät schien deutlich "verlebter" zu sein wie das Radiochassis. Erschwerend kam hinzu, das Tonbandgerät war nicht mehr unberührt. Hier hatte sich schon mal jemand dran versucht. So wie ich das Erscheinungsbild werte, versuchte jemand mal die Riemen zu wechseln. Jedoch erfolglos. Fehlende Schrauben und Sicherungsringe, lose Schrauben. Aber dazu später mehr.
Beginnen wir mit den elektrischen Austauschteilen. Das meiste ist gut bis akzeptabel zu erreichen und zu tauschen. Aber manchmal denke ich, die Hersteller hatten den Anspruch mindestens ein Teil fast unerreichbar zu verbauen (übrigens auch bei den Radios so). Natürlich auch hier, man sieht es nur wenn man wirklich sucht.
So war der Wechsel auch nur möglich, wenn andere Teile zusätzlich abgelötet werden. Und auch dann noch ein elendes Gefummel. Aber ich bleibe meinem Grundsatz treu. Dort wo das ursprüngliche Teil verbaut war, kommt auch das neue wieder hin.
Oberhalb des Chassis liegen einige Elkos, alle recht einfach zu wechseln. Das wahre Gedränge zeigt sich unter dem Chassis. Aber bis auf den oben erwähnten Kondensator ist auch hier alles recht gut auszutauschen.
Das Tonbandgerät hat vier eigene Röhren. Je eine EL41, ECC81, EF804, EM85. Hier war die ECC81 völlig verbraucht und wurde gegen eine ECC81 aus heutiger Fertigung (ja, ein paar Typen werden sogar heute noch hergestellt) ausgetauscht. Ebenso gab es auch hier eine NOS EM85.
Das Gerät verfügt über drei Feinsicherungen. Zwei davon sicher über eine Schraubkappe verbaut, eine in dem auch von allen Radios bekannten Sicherungshalter. Und leider war dieser hier gebrochen. Schön zu sehen ist hier auch der übliche Oxidationszustand der Sicherungen. Sicherungen werden aber von mir ohnehin immer gegen neue ersetzt.
Das auslöten des alten Halters war sehr einfach. Das Einbringen des neuen bedurfte jedoch etwas.....Anpassung. Da es unmöglich war mit dem Lötkolben zwischen den neuen Halter und die Lötleiste zu kommen, mußte ich die Anschlußbeinchen etwas verlängern. Hierfür habe ich abgekniffene, etwas dickere Anschlußdrähte eines Kondensators genommen (davon habe ich immer ein Tütchen auf Vorrat). Ein "Schweineschwänzchen" um den Halteranschluß, gut verlötet und dann konnte der neue Halter problemlos eingebaut werden.
Etwas aufwändiger war der Wechsel der Antriebsriemen. Der Hauptriemen ist sehr verbaut. Um den neuen aufziehen zu können, muß recht viel oberhalb demontiert werden. Beim ersten mal (das ist das vierte TM5 welches ich auf dem Tisch hatte) kommt man schon leicht ins Grübeln. Denn man muß sich den logischen Weg selber suchen. Eine "Riemenwechselanleitung" von Grundig konnte ich für dieses Modell bisher nicht finden.
Zunächst wird der Andruckrollenhebel entfernt. Eine Spannfeder aushaken und einen Sicherungsring entfernen, dann kann der Hebel nach oben abgezogen werden.
Dann den 3er Tastensatz abschrauben und vom Trägerblech nach vorne wegziehen.
Das Trägerblech inkl. der Bandführungsbolzen losschrauben und zur Kabelanschlußseite wegschwenken.
Beide Halter der Antriebsräder losschrauben (Mutter von unten!) Beide Rückzugfedern aushängen und die Halter beide entfernen. Gründlich wie man früher war, gibt es immer noch entsprechende Sicherungsringe, welche auch entfernt werden müssen.
Zuletzt die Halterung des Schalters für verschiedenen Funktionen lösen und nach oben abziehen. Die darunter befindlichen Kurvenscheiben anheben und schon....
...kann der Motorriemen gewechselt werden.
Viel Schrauberei, aber wenn man's einige Male gemacht hat halb so wild. Es hilft nichts, man kommt nicht drum herum wenn's wieder laufen soll. Tipp: Wenn das Trägerblech weggeschwenkt ist, kommt man sehr gut an die Mutter des Motorkondensators, welcher unterhalb des Chassis ist. Ich wechsle diesen immer mit aus.
Und da man nun ohnehin schon so ziemlich alle beweglichen Teile einmal demontiert hat, kann man den nächsten unumgänglichen Punkt direkt mit erledigen. Alles gründlich von den alten Schmierstoffen befreien und neu ölen / fetten. So gesehen ist das ein Abwasch. Ebenso sind so die sonst verbauten Flächen schön freiliegend zum reinigen. Die Tonköpfe, alle gummierten Antriebsrollen und auch die Laufflächen der Kunststoffräder wurden gründlich mit Isopropanol gereinigt. Die eigentliche Antriebswelle aus Metall war ziemlich verrostet. Mit 1000er Schmirgelpapier wurde diese wieder schön blank.
Danach war alles wieder schön griffig und sorgte im wahrsten Sinne dafür, das alles wieder schön rund lief. Zu guter letzt wurden dann noch die Tonköpfe entmagnetisiert. Entsprechende Gerätschaften gibt es recht günstig.
Da hier dermaßen viel Aufwand in Mechanik und Elektrik bestand, verzichtete ich bis zur kompletten fertigen Instandsetzung des Tonbandgerätes auf einen Probelauf. Nun war es soweit. Radiochassis und Tonbandgerät wurden provisorisch aufgebaut und angeschlossen. Und wissen Sie was richtig Spaß macht? Wenn alles auf Anhieb funktioniert! Abspielen, Aufnahme, Aussteuerung - alles funktionierte sofort einwandfrei. Und man kann, wenn man möchte, sogar die per Bluetooth abgespielte Musik direkt auf Tonband aufnehmen.
Ich weiß, Eigenlob stinkt, aber den jetzt fälligen Kaffee habe ich mir redlich verdient😉.
Nun folgte die Aufarbeitung des Gehäuses. Dieses machte den Eindruck 30 bis 40 Jahre irgendwo vergessen rumgestanden zu haben. Tatsächlich ergatterte mein Kunde das Gerät aus einer Wohnungsauflösung eines ehemaligen Unternehmers.
Die Messingleisten waren auf der Frontseite noch mehr oder weniger als solche zu erkennen. Mit dem Verlauf zur Gehäuseoberseite wurden diese immer rostiger. Eine Aufarbeitung mit Chrompolitur war zunächst ein Kampf gegen Windmühlen. Auch hier mußte zunächst vorsichtig mit 800er und 1000er Schmirgelpapier dem Rost zu Leibe gerückt werden. Danach dann noch eine Behandlung mit AUTOSOL(die meiner Meinung nach beste Chrompolitur die es gibt-und nein, die bezahlen mich nicht für die Aussage), brachte wieder den alten Glanz zum Vorschein.
Das Holzgehäuse war sehr dreckig/speckig/matt. Der Lack hat die übliche Rissigkeit, ist aber ansonsten vollflächig vorhanden. Die erste Behandlung wurde, in immer kleinen Flächenabschnitten, mit Lackreiniger durchgeführt. Eine recht zeitaufwändige, aber umso lohnendere Arbeit. Das so gereinigte Gehäuse wurde dann noch zwei mal mit dunkler Politur behandelt. Der vorher/nachher Vergleicht zeigt mal wieder, was mit etwas Arbeit noch so rauszuholen ist.
Damit war der Augenblick erreicht, an dem alles wieder zusammengebaut werden kann. Und schön wenn wieder alles an Ort und Stelle ist. Denn so schön die Kombie auch ist und so gut wie sie jetzt wieder klingt - so unhandlich und schwer ist dieser Riesenklotz auch. Vielleicht war auch das ein Mitgrund, warum es vermutlich jahrzehnte nicht bewegt wurde.
Bericht Ende.