Reparaturberichte (4)

Bericht 10: Philips Jupiter 553 / 3D

Bericht 11: Philips Philette B2 D 03A

Bericht 12: Graetz 174W


Bericht 10: Philips Jupiter 553 / 3D

Im Kundenauftrag bekam ich diesen bedauernswerten Kandidaten. Ich meine zu Beginn sogar eine kleine Radioträne auf dem Skalenglas gesehen zu haben....

Letzendlich soll der Bericht einfach zeigen, das auch in einem vermeindlichen Schrotthaufen noch viel Potential steckt. Nur der Weg dahin ist halt etwas ....staubig....rostig....Leichen pflastern den Weg....

Der erste Eindruck war...oha, hier muß viel Arbeit investiert werden. Was ich nach Aussage des Kunden wußte:

  • Der Ton verschwindet nach kurzer Zeit.
  • Auf UKW nur noch ein Sender leidlich empfangbar.
  • Starker, permanenter Brummton.
  • Sehr verdreckt (das war nicht gelogen).
  • Eine Bedientaste fehlte.

Was ich noch feststellte: Das Radio hat wohl nicht immer (selten?) die optimalen Lagerbedingungen gehabt. Teilweise recht starke Oxidation, diverse (zum Glück verstorbene) Insekten im Inneren, Blüten- oder Blattreste welche aus dem Chassis rieselten und ein sehr mitgenommenes Gehäuse. Aber seht selbst.....


Man hofft ja im Stillen immer mal einen versteckten Schatz im inneren eines jahrzehnte alten Radios zu finden. Was finde ich - einen jahrzehnte alten Kaugummi.


Und irgendwann in der Vergangenheit gab es schon mal eine Reparatur. Ein alter Anhänger am Antennenkabel weißt darauf hin das UKW nicht mehr ging und das Radio am Freitag fertig sein muß. Vermutlich kam Fussball am Freitag.....

Aber immerhin, auf der Bodenabdeckung gab es noch den original Schaltplan. 


Naturgemäß war also erstmal reinigen angesagt. Mit etwas "Caramba", Wartezeit und dem wirklich passenden Schraubendreher, ließen sich dann auch die gammeligen Schrauben lösen, um die Glasskala abnehmen zu können.

 Viele Stunden später......

Da die Röhren während der Reinigung ohnehin raus müssen (die Röhrenfassungen waren erstaunlich oxidfrei und noch recht blank), wurde auch gleich die Röhrenprüfung durchgeführt. 5 von 8 Röhren waren verbraucht. Ein durchweg bewegtes Leben hatte dieses Radio wohl. Dann konnte die Arbeit am elektrischen Teil endlich beginnen.  Hier gab es dann keine großen Überraschungen mehr. Erwähnenswert ist vielleicht ein geschirmter Kondensator am Lautstärkepotie. Dieser wurde natürlich auch wieder durch einen (selbstgebauten), geschirmten Kondensator ersetzt. Ein anderer Kondensator wurde seinerzeit so ungünstig verbaut, das der UKW Seilzug diesen eingeschnitten hat. Aber dieser WIMA war ohnehin ein Wechselkanditat. Das scheint übrigens ein öfter auftretender Fehler zu sein. In einem Radioforum fand ich ein Foto mit exakt der gleichen Erscheinung an gleicher Stelle. Wer also noch ein unrevidiertes 553 im Einsatz hat ......

Unten diese und alle restlichen Problemkondensatoren.


Belohnt wurde die Arbeit durch einen auf Anhieb perfekten Probelauf. Das Radio wartet mit ausgezeichnetem und reichhaltigem Empfang auf. Scheint Modelltypisch zu sein. Ich hatte das gleiche Modell schon einmal, dieses war Empfangstechnisch ebenfalls sehr stark. Auch klanglich ein top Radio. Höhen- und Bassregler decken einen breiten Bereich ab und es kann sehr ausgewogen eingestellt werden. Ein tolles Radio! Und ganz sicher die Rettung wert! Und während des Probelaufes, wird bei mir immer das Gehäuse aufgearbeitet. Und auch bei sehr mitgenommenen Geräten ist immer noch sehr viel rauszuholen. Haupsache der Lack ist noch vollflächig vorhanden. Die klassische Rissigkeit bleibt natürlich, stört aber nicht weiter und fällt am Ende kaum noch auf. Alles was original erhalten bleiben kann, sollte erhalten bleiben. Meine ICH zumindest.

Und nachdem alles wieder frisch instandgesetzt und gereinigt zusammengebaut war, meine ich ein leichtes Radiolächeln auf der Skalenscheibe gesehen zu haben.....😉.



Bericht Ende.


Bericht 11: Philips Philetta B2 D 03A

Im Kundenauftrag bekam ich diese schöne Philetta. Das Radio brummte und empfing, dank fehlender Antenne, natürlich gar nichts. Gewünscht war die komplette Instandsetzung, sowie die Nachrüstung auf den Bluetoothadapter. Hier war das größte Problem der Platz. In den kleinen Radios, wie den Philettas, hat man ja kaum einen cm Platz verschenkt.

Ansonsten ist die Geschichte schnell erzählt.  Ausgangszustand:

Fertig gereinigtes Chassis und Gehäuse. Tipp: Das Gehäuse wird wunderbar sauber mit warmen Wasser, Shampoo und weichem Tuch.


Die ausgetauschten Teile. Hier war auch der Gleichrichter hinüber, er lieferte nur noch ca. 210 Volt (soll 260 Volt). Ansonsten die üblich verdächtigen. Auch immer wieder gerne mal vorhanden - eine falsche Sicherung. Hier war eine Sicherung mit 1,5 A vorhanden. Der vorgeschriebene Wert beträgt allerdings nur 250mA (0,25A).  Selbstredend ist jetzt der richtige Wert im Einsatz.

Die größte Herausforderung war einen Platz für den Bluetoothadapter zu finden. Weder auf, noch unter dem Chassis gab's dafür eine platzmäßig, mögliche Lösung. Also habe ich Ihn von innen an die Rückwand geschraubt. Weit genug weg von aufsteigender Röhrenhitze und mit kleinen Abstandhaltern, damit die Luft trotzdem noch recht gut durch die Rückwandöffnungen zirkulieren kann. Die Kabel wurden so lang gelassen, um im Zweifelsfall die Rückwand / Bodenkombi trotzdem noch entfernen zu können.

Das Gerät empfängt mit der kleinen, schnell selbstgemachten, 75 cm Wurfantenne recht passabel. Mit einem richtigen Dipol natürlich deutlich besser. Empfangswunder sind die kleinen alle nicht. Und so nett ich die kleinen Dinger ja auch finde, ich stehe mehr auf die fetten Boliden jenseits der 20 kg Klasse😉. 

Bericht Ende!

Bericht 12: Graetz 174W

Im Kundenauftrag kam dieses schöne Graetz Radio zu mir. Der Kunde hat es vor 5 Jahren geschenkt bekommen, dann lief es noch eine Weile bis es nur noch brummte. Und dann, klassisch, erst mal 2 Jahre einfach so rumstand. Aber wen der Röhrenklang erstmal gepackt hat.....der Kunde wollte es unbedingt wieder nutzen können. Den Wunsch erfülle ich selbstverständlich gerne.

Der innerliche Allgemeinzustand war noch sehr gut. Kein Rost und ungewöhnlich wenig Schmutz. Bei der ersten Durchsicht fielen aber einige schon ausgelaufene Kondensatoren / Elkos auf. Der brummverursachende Lade/Siebelko gehörte dazu. Sehr kritisch: Die Entstörkondensatoren am Trafo waren schon ausgelaufen, der Teer deutlich nach außen getreten. Hier kann im Zweifelsfall, in diesem defekten Zustand, einer von beiden in Brand geraten, der andere das Chassis unter Netzspannung setzen. Solche defekten Bauteile sind also wirklich kein harmloser Spaß.

Der Becherelko (Lade/Siebelko) war vom Anschluß her eher ungewöhnlich. In den meisten Fällen hat der Becher Anschlußösen, an welche dann die Zuleitungen angelötet sind. Bei diesem kamen jedoch die Anschlußdrähte aus dem Becher und gingen dann zu den entsprechenden Anschlußstellen des Radios. Grundsätzlich ist das völlig egal. Aber hier handelt es sich um einen Becher mit Schränklaschen zur Befestigung auf dem Chassis. Diese Art der Befestigung ist dann auch direkt die Masseverbindung. Und diese Schränklaschen hat man dann auch gleich genutzt, um insgesamt 7 Masseverbindungen über die Schränklaschen zu schaffen. Und das ist nicht nur sehr ungewöhnlich, sondern erschwert auch den Ersatz. 

Um hier nicht 7 neue Masseverbindungen schaffen zu müssen, entschied ich mich den alten (dreifach)Becher nur stillzulegen und funktionslos im Gerät zu belassen. Ersatz wurde dann unter dem Chassis (unmittelbar unter dem alten Becher) verbaut in Form von zwei Einzelelkos mit je 47uF und einem 4uF Folienkondensator. Damit gab es nun 9 Masseverbindungen am stillgelegten Becherelko.....

Ansonsten - jede Menge gestorbener oder im sterben liegende Teerkondensatoren. Natürlich alles gewechselt gegen Fabrikneue. Einige verbrauchte Röhren und ein, bei Graetzgeräten der 50er Jahre, sehr oft ausgehärtetes Netzkabel. Auch dieses wurde natürlich gewechselt. Leider ist das magische Auge EM34 fast völlig dunkel. Da es für die Empfangs- und Klangeigenschaften keinerlei Bedeutung hat, verzichtete der Kunde auf ein neues. Sehr schade, ein hell leuchtendes, magisches Auge ist einfach immer das Sahnehäubchen. Aber, ich gebe es zu, hier bin ich ganz sicher ein wenig liebhaberisch voreingenommen. 

Moment mal.... (Nachtrag vom 08.05.2024):

Ursprünglich war das der Stand der Dinge zum magischen Auge. Aber im Nachhinein kam es dann doch ganz anders. Mein Kunde, Marius, den ich persönlich kennenlernen durfte, ist ein sehr netter Kerl. Und hat offensichtlich ebenso nette Eltern. Mich erreichte folgende mail, ich zitiere sie hier: 

" Lieber Andreas, 

als uns unser Sohn Deinen Reparaturbericht gezeigt hat, war Deine tiefe Entäuschung darüber, dass das magische Auge aus Kostengründen nicht ersetzt werden soll, ja förmlich spürbar. Daher ist es uns eine besondere Freude, das wir mit unserem Sponsoring zur Beauftragung dieser unverzichtbaren Komponente, Deine Welt wieder in Ordnung bringen konnten. "

Erwähnte ich schon, dass ich meinen Job liebe?😉 

Liebe Danuta, lieber Harald, auch an dieser Stelle noch mal recht herzlichen Dank für das Sponsoring, das Wiederherstellen von Marius' Karma und das ich ab jetzt keine augenlosen Alpträume mehr habe😄. (Nachtrag Ende).


Besonders hier, wie bei vielen Graetz Geräten, ist das MA  stark schonbar zu nutzen. Beim 174W über die "Sparschaltung". Diese wird aktiviert, in dem man den Knopf für die Lautstärkereglung bis zum einrasten herauszieht. So senkt man die Leistung von ca.50 Watt auf ca. 30 Watt. Das magische Auge wird dann deutlich dunkler und somit die Leuchtschicht sehr geschont. Eine Funktion die Graetz schon in den 30er Jahren gebaut hat. Energiesparen ist offensichtlich keine neue Idee unserer Zeit....

Der mehrstündige Probelauf verlief ohne Probleme. Ein Radio mit sehr gutem und reichhaltigem Empfang. 

Zum Schluß erhielt das Radio noch den Bluetoothadapter. Bei diesem Radio, wie bei fast allen Graetz Radios, ist die Ansteuerung nur über einen Hall - Effekt Sensor möglich. Die Installationslösung ist immer ein wenig aufwändiger, letzendlich merkt der Besitzer davon aber nichts. Hier einige Bilder:

Der Probelauf findet fast immer mit einem externen Lautsprecher statt. So kann es dann ganz zum Schluß, nach Einbau des instandgesetzten Chassis ins Gehäuse, auch mal zu einer letzten Überraschung kommen. Klassischer Schwachpunkt , sofern vorhanden, bei den Radios der 50er Jahre - der elektrostatische Hochtöner. Diese fallen gerne mal aus, so auch in diesem Radio. Er war völlig stumm. Nach dem Ausbau und öffnen eine freudige Überraschung. Die Folien waren noch völlig intakt. Es war nur eine ausgetrocknete, rissige Lötstelle. Das Nachlöten brachte den Elektrostaten wieder zum (leider immer recht leisen) klingen. Aber der Effekt ist trotzdem sofort hörbar. Einfach mal Glück gehabt, würde ich sagen.

Vielleicht noch ein Hinweis zu dieser Art von Lautsprechern. Wer feststellt das dort kein Ton heraus kommt und meint "ach, ich wackel mal ein bisschen an den Anschlußkabeln" ........VORSICHT ! Die elektrostatischen Lautsprecher arbeiten mit Anodenspannung. Also irgendetwas zwischen ca. 200 Volt und 280 Volt, manchmal auch etwas weniger. Im Fall dieses 174W sind es 245 Volt (vor dem Ausbau natürlich erstmal gemessen). Heißt, an den vermeindlich harmlos aussehenden Lautsprecheranschlußdrähten kann man richtig einen verbraten bekommen. Und immer wieder der Hinweis: Niemals die Rückwand entfernen, ohne vorher den Netzstecker zu ziehen! Steht berechtigterweise aber auch immer auf allen Rückwänden drauf.

Dann war es aber geschafft, ein wieder sehr gut klingendes Röhrenradio an dem der liebe Marius wieder lange Freude haben wird. 


Bericht Ende!


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