Bericht 4: Stern-Radio Stassfurt, VEB, R-F-TGlobus 11E171
Bericht 5: Graetz Polka 1013
Bericht 6: Philips Saturn-Stereo 641,Type B6D41A
Bericht 4: Stern-Radio Stassfurt, VEB, R-F-T Globus 11E171
Im Kundenauftrag hier mal ein schönes Ostradio.
Sicher, Grundig war der Platzhirsch im Radiobau der 50er Jahre. SABA ein Leckerbissen mit Ihren Automatic Radios. Viele andere tummelten sich auf dem Markt und keiner hat wirklich schlechte Radios gebaut. Aber ein Blick auf die Ostdeutschen Röhrenradios ist durchaus die Zeit wert. Hier finden sich Details, welche mitunter auch den Westradios gut gestanden hätten.
Nach einem Stradivari 2, welches voll mit sehr hochwertigen Bauteilen ist (z.B. sehr viele Styroflex Kondensatoren, kaum Öl/Papier Kondensatoren) und mich schwer begeistert hat, nun ein Globus 11E171. Im Gegensatz zum Stradivari 2 ist das 11E171 ein reines Kondensatorgrab. Ich denke an Austauschteilen ist es der bisherige Spitzenreiter. Auf dem Foto fehlen noch zwei 100uF Elkos. Diese habe ich aus optischen Gründen nur abgeklemmt im Gerät belassen und unterhalb dieser Elkos neue Elkos verbaut. Dazu 6 verbrauchte Röhren.
Aber es glänzt mit einigen Details, welche einfach hochwertig, schön und zweckmäßig daherkommen. Und ich in einem Westradio der Zeit noch nie so gesehen habe.
Der Radiobastler kennt es, hinter der Glasskala ist im besten Fall ein weiß lackiertes Blech zu finden, oft aber einfach nur eine Abdeckung aus Papier. Nicht so im Globus 11E171. Hier ist hinter der Skala noch mal eine Glasscheibe, welche von hinten weiß beschichtet ist. Der Skalenzeiger als solcher, wird auf einer (Plexi??)Glasstange geführt. Da ist aber mal gar nichts "labberig" wie bei manchen anderen Radios. Ja, es geht auch nobel ! Es gibt auf der Rückseite des Gerätes auch noch einen Schalter um die Innenlautsprecher komplett auszuschalten.
Sehr ungewöhnlich - die Trafoeinheit ist auf einem separaten Halter montiert und hat keine Berührung zum restlichen Chassis. Der Trafo ist ein echtes Schwergewicht, da steckt schon was drin. Ich denke das war auch der Grund, den Trafo vom Restchassis zu entkoppeln. Er brummt nämlich ziemlich. Im Gehäuse auf die Gummifüße geschraubt zwar kaum hörbar, aber blank auf der Werkbank stehend, vibriert er doch deutlich. Immerhin hat das Radio im Betrieb eine elektrische Leistung von ca. 88 Watt. Auch durchaus erwähnenswert - es sind 5 Becher(einzelwert)elkos verbaut. Auffällig hier, der Massering besteht aus Kupfer. Das ist eher selten. Und ich liebe solche Details. Und noch so ein nettes Detail. Das ist das erste Radio, bei dem der magische Fächer "richtig rum" montiert ist. Heißt, der Röhrensockel zeigt tatsächlich nach unten. Bisher standen die Fächer immer mit den Füßen nach oben.
Der Umstand der getrennten Einheiten Trafo/Chassis, machte übrigens eine Montage auf meinem Reparaturständer unmöglich. Aber das Chassis läßt sich dankbar auf den Rücken drehen, es ließ sich so trotzdem gut arbeiten.
Was kann das 11E171 denn nun nach Instandsetzung? Meiner Einschätzung nach, hat Stern-Radio Rochlitz das Hauptaugenmerk auf den FM Bereich (also UKW) gelegt. Hier glänzt das Radio wirklich mit sehr gutem Empfang. Auch schwache Sender werden gut empfangen. Der AM Bereich (KW, MW, LW) ist da eher etwas vernachlässigt worden. Es gibt nicht einmal eine eingebaute Ferritantenne. Also ohne externe, gute Antenne ist hier nur Rauschen zu empfangen. Was aber heute für den normalen Radiohörer wohl ohne Belang ist. Aber es gibt dafür eine, über den Höhenregler gekoppelte, Seilgeführte Bandbreitenreglung für AM. Ansonsten hat das Gerät so viel Dampf um auch eine Halle beschallen zu können.
Und als gutes Beispiel, wie wichtig der Kondensatortausch ist, noch dies zum Abschluß. Bei der DIN/VDE Prüfung fiel das Radio zunächst durch. Isolationswiderstand: 1,78 Mohm (Grenzwert 2 Mohm), Berührungsstrom: 1,8mA (Grenzwert 0,5 mA). Die Ursache: Da die separate Trafoeineit nicht viel Bewegungsfreiheit hat, habe ich einen !! Teerkondensator direkt am Netzteil übersehen (es gibt hier drei insgesamt). Nur dieser eine Kondensator führte zu einem zu hohen Berürungsstrom!! Zu sehen auf oberem Foto links, direkt über dem Trafo und -natürlich- unter einem Blech "versteckt".Das beweist sehr praxisnahe, wie heikel unüberholte Röhrenradios sein können und das alle defekten Teile einfach raus gehören.
Hier noch einige Fotos vorher/nachher.
Bericht Ende.
Bericht 5: Graetz Polka 1013
Im Kundenauftrag bekam ich dieses Radio zur Reparatur und Aufrüstung auf Bluetooth.
Äußerlich in sehr gutem Zustand, ist es beim Einschalten jedoch ins vorläufig endgültige Elkokoma gefallen. Außer einem lauten Brummgeräusch kam, laut Kundenangabe, nichts mehr. Aber ich sage immer - so lange es noch brummt, steckt auch noch Leben drin.
Die Überprüfung ergab: Von dem Dreifachbecherelko 50/50/4 uF, hatten die beiden 50 uF Elkos noch eine Kapäzität von 20 bzw.23 uF. Vom Isolationswiderstand reden wir lieber erst gar nicht. Zu allem Überfluß, schwächelte auch noch der Gleichrichter. Dieser brachte noch 190 Volt, nach dem ersetzten des Becherelkos. Was sollte das arme Radio auch noch machen, außer zu Brummen.
Erneuert wurde also der Gleichrichter, Lade/ Siebelko, die üblichen Kondensatoren und Kleinelkos, sowie das Skalenbirnchen. Darüber hinaus war das Antennenkabel sehr kontaktunfreundlich mittels Lüsterklemmen und Drahtstücken geflickt. Auch das wurde geändert. Am Ausgangsübertrager waren von einem Kondensator und einem Widerstand jeweils ein Anschlußdraht gebrochen. Drei Röhren waren recht verbraucht und der, schon fast immer vorhandene, Schutzkontaktstecker wurden ebenfalls erneuert. Der Höhen - und Bassregler waren sehr schwergängig bzw. gar nicht mehr zu drehen. Verharztes Fett in den Achsen läßt grüßen. Beide sind nach der Instandsetzung wieder schön leichtgängig.
Bis hierher eigentlich nicht unbedingt einen Bericht wert. Aber es soll ja vorzugsweise über Radios mit Besonderheiten / Auffälligkeiten berichtet werden. Dazu kommen wir jetzt. Nehmen wir oberes nur als kleine Einführung.
Das Polka 1013 stammt aus den Jahren 1961 / 1962. Und scheinbar mußte man hier schon bei der Herstellung sparen, wollte das aber nicht auf den ersten Blick zugeben. Das Radio verfügt über die beiden Gitter links und rechts, hinter denen sich normalerweise die (3D) Lautsprecher befinden. Hinter den seitlichen Gittern des Polka 1013 befindet sich allerdings - nichts. Und da war auch nie etwas. Das Gerät hat nur einen Frontlautsprecher samt einem kleinen Hochtöner in der Front. Klanglich ist es aber trotzdem recht gut.
Und es gab offensichtlich noch einen weiteren " Trick" an diesem Gerät. Die ganz linke Taste des Tastensatzes "Konzert" hat im Grunde nur die Funktion, die Taste direkt daneben "Sprache" zu lösen, wenn diese gedrückt ist. Zunächst dachte ich an einen fehlenden Schieber, den die Konzerttaste bedienen soll. Dieser ist nämlich nicht vorhanden. Ich wunderte mich nur, das dieser Schieber nirgends im Radio zu finden war. Auch keine Bruchstücke o.ä.
Ein Blick in den Schaltplan zeigt allerdings, das für die Konzerttaste gar keine eigene Schaltung vorgesehen ist. Das Radio spielt also automatisch im "Konzertmodus" wenn keine Taste gedrückt ist. Und wenn sie gedrückt ist eben auch. Nur das dadurch nicht etwas extra geschaltet wird. Hier ein Ausschnitt des Schaltbildes (warum auch immer spiegelverkehrt zur Radioanordnung dargestellt).
Des weiteren wurde ein Bluetoothadapter eingebaut. Bei diesem Gerät ist dies nur mittels Hall Sensor möglich. Ist eine knappe Sache, da die Tasten (hier über die TA Taste) unten im Chassis kaum Hub haben. Der Adapter selbst läßt sich mit einem Winkel gut auf das Chassis montieren.
Ein zweitägiger Probelauf unter Spannungsüberwachung am Ausgang des neuen Gleichrichters verlief völlig problemlos.
Bericht Ende.
Bericht 6: Philips - Saturn 641 Stereo, Type B6D41A
Fast jedes Radio welches zu mir kommt, bringt neben den Standardarbeiten die ein oder andere Überraschung mit. Und ganz selten hat man das Gefühl, das Radio kann einen einfach nicht leiden. Dies war so eins.
Ein Kunde brachte mir dieses Gerät, welches keinen Ton mehr von sich gab. Eine erste Durchsicht ergab sehr viel Schmutz, darunter aber eine grundsätzlich gute Substanz. Eine der ELL80 fehlte. Die Röhrenprüfung ergab, das die andere ELL80 erwartungsgemäß völlig verbraucht war, ebenso die ECC85. Alle anderen Röhren hatten noch gute Werte.
Um das Chassis ausbauen zu können, muß einer der seitlich angebrachten Lautsprecher ausgebaut werden. Die Glasskala reich komplett von links nach rechts, keine Chance an beiden Lautsprechern vorbei zu kommen.
Ein erstes, langsames hochfahren über einen Stell/Trenntrafo ergab: Ein Skalenbirnchen leuchtet (die andere war einfach defekt) die EM87 für die Stereoanzeige leuchtete augenscheinlich normal, die EM87 für die Sendereinstellung leutete kaum sichtbar. Alle anderen Röhren heizten gar nicht. Ich muß zugeben das es sich mir bisher nicht erschlossen hat, warum Philips den Heizkreis so getrennt hat. Vielleicht liest das ja mal jemand der mich aufklären kann, eine Nachricht würde mich freuen.
Die Ursache für das kaum erkennbare Senderband war schnell gefunden. Hier saß einer der berüchtigten Vitrohm Kohlemassewiderstände. Eine kurze Prüfung ergab eine Anzeige >60 mohm.Nach dem Austausch des Widerstandes leutete das magische Band wieder normal. Es gab noch 4 weitere dieser Widerstände. Einer davon an Gitter 2 der EF184, war ebenso hochohmig wie der an der EM87 und wurde direkt mit gewechselt.
Zwei weitere waren noch o.k. ,wurden sicherheitshalber aber im Laufe der Instandsetzung auch ausgetauscht. Der fünfte war gut versteckt, wurde zunächst nicht entdeckt und legte nach ca. 4 Stunden Probelauf den Empfang auf UKW lahm. Dazu später mehr.
Es blieb das Problem der nicht heizenden Röhren. Leider (und ich meine wirklich leider) ist in diesem Radio schon eine Platine verbaut. Bauteile oben, alle Lötstellen unten. Dies macht es dem Reparateur nicht gerade leicht. Und irgendwie schien es 1964 auch noch keine radialen Kondensatoren zu geben. Montiert waren ausschließlich axiale Typen, die Elkos mit der + Seite nach unten in einem Kunststoffbecher. Was ein Aufwand.
Alleine die richtigen Lötpunkte zu finden ist herrausfordernd. Hier lag dann auch der erste Fehler. Die Hauptmasseverbindung war an der Lötstelle am Fuß einer der ELL80 gebrochen. Daher kein heizen der Röhren.
Mit dem Kunden war geklärt, das wir aus Preisgründen von 2 x ELL80 auf 4 x EL95 (Adapterlösung) umbauen.
Die Röhren heizten nun, die Endröhren waren drin und beide Kathodenelkos wurden direkt unbesehen mitgewechselt - erster Probelauf. Und nun gab es auch endlich mal Musik zu hören. Aber leider nicht sehr lange. Nach und nach wurden zumindest alle Elkos gewechselt. Die gelben Valvo Kondensatoren sind in der Regel noch top. Einzig einen der einen leichten Riss zeigte, habe ich ausgetauscht. Eine Überprüfung zeigt, das dieser sogar noch völlig o.k. war. Aber sicher ist sicher. Danach spielte das Radio zunächst mal wieder ca. 2 Stunden. Dann wurde es still - die Röhren heizten nicht mehr. Die Ursache diesmal - wieder die ELL80, diesmal nicht der Massepunkt sondern direkt daneben der andere Heizungsanschluss. Lötstelle gebrochen. Nachgelötet und alles war wieder gut. Erstmal....
Nach weiteren ca. 3 Stunden - wieder Stille. Aber die Röhrenheizung funktionierte. Die AM Bänder ebenfalls. Nur UKW nicht. Na, das grenzt zumindest die Gegend der Fehlersuche ein. Ein durchdrehen des Skalenzeigers ergab dann einen schwachen Empfang des bzw. der stärksten Sender. Denn es wurden gleichlaut gleichzeitig zwei Sender empfangen. Wo will man eigentlich nicht ran - ans UKW Kästchen. Aber hilft nichts. Hier müssen zunächst zwei Leitungen abgelötet werden, zwei Schrauben welche bis an den Deckel reichen gelöst, eine sehr stramme Halteklammer entfernt werden um den Deckel überhaupt in mm Arbeit abzubekommen.
Und immer im Hinterkopf "verbieg da drin bloß nichts". Aber, alles gut gegangen. Und lohnenswert. Denn hier verbarg sich der fünfte Vitrohm Widerstand. Sollwert: 39 kohm. Istwert: 410 kohm. Und unter Stromfluß wird sich dieser Wert noch erhöht haben, was dann zu merkwürdigen Erscheinungen bis hin zum völligen Senderabriss führt.
Nach dem auswechseln dieses Widerstandes spielte das Radio wieder einwandfrei. Und schon wieder muß ich sagen, erstmal.....
Nach ein, zwei mal ein- und ausschalten, ging dann der rechte Lautsprecher nicht mehr. Wieder eine Lötstelle die aufgegeben hat, diesmal direkt am Ausgang zu den zusätzlich anschließbaren Zusatzlautsprechern.
Nachdem auch das behoben war, wurde noch der Stereodecoder überprüft. Dieser sitzt gut geschützt in einem Alubecher und ist sehr servicefreundlich nur über Steckkontakte mit dem Chassis verbunden. Im Inneren sind unter anderem noch 5 Kleinelkos verborgen. Diese wurden ebenfalls gewechselt. Zur Lötseite hin wurde seinerzeit Schaumstoff in der Innenseite des Alubechers verklebt. Dieser zerfällt bei Demontage jedoch zu Staub. Ersetzt wurde die Dämmschicht von mir mit einer passend zugeschnittenen Gummimatte.
Technisch gesehen war das die letzte Amtshandlung an dem Radio. Das Gerät dankt es mit einem Empfang wie wohl sehr lange nicht mehr. Das folgende Foto zeigt die original EM87 des Senderstärkenempfanges. Deutlich zu erkennen der dunklere Anzeigebereich und der dann zur Röhrenmitte hin wieder hellere Bereich. Der dunkle Bereich zeigt die verbrauchte Leuchtschicht. Das es zur Mitte hin wieder heller wird, zeigt das dieser Bereich nie angesteuert wurde = die Empfangsstärke für diesen Ausschlag nie ausreichte. Gleiches galt für die Stereoanzeige.
Aber dann war es geschafft. Nach zwei Tagen Probelauf ohne weitere Vorkommnisse, habe ich das Radio dann endlich zur Abholung freigegeben.
Bericht Ende.