(M)eine sinnvolle Vorgehensweise bei der Radioinstandsetzung


Vorwort:

Im folgenden möchte ich meine Vorgehensweise bei der Radioinstandsetzung vorstellen. Andere Bastler mögen anders vorgehen, aber ich erachte meine Art als sinnvoll und effektiv. Ich habe hier einfach wahllos ein Kundengerät für die Beschreibung gewählt. In diesem Fall ein Grundig, Type 4090. Das ist schon ein ziemlicher Brocken mit Gegentaktendstufe (2 xEL95), 4 Lautsprechern, 5 fach Klangregister, den üblichen Wahltasten und ca. 16 kg Lebendgewicht.

Ich denke man kann eins vorweg sagen. Auch wenn ein Radio noch spielt, es ist gesichert nicht mehr Betriebssicher ohne Instandsetzung! Von, ebenso sicher, klanglichen und wahrscheinlich auch empfangstechnischen Einbußen mal abgesehen.

Tip und guter Rat: Wer sein Radio selber instandsetzen möchte, sollte elektrotechnische Kenntnisse haben. In einem Röhrenradio herrschen Spannungen von bis zu 300 Volt! Alle arbeiten müssen spannungslos durchgeführt werden. Arbeiten unter Spannung dürfen nur zu Prüf- und Messzwecken durchgeführt werden. Für alle Arbeiten unter Spannung einen (Regel)Trenntrafo verwenden. 

Die eigene Sicherheit muß immer oberste Priorität haben !

 

Die Vorgehensweise:

Da man Ihn spätestens dann benötigt wenn man Spannungen kontrollieren will, wird erstmal ein Schaltplan besorgt. Bei diesem Radio brauchte ich den Schaltplan schon sehr viel früher. Zum Glück gibt es hier im Netzt einige gute Quellen, die fast alles haben. 

Im praktischen Teil erfolgt dann als allererstes eine Sichtprüfung. Und zwar beginnend am äußersten Ende des Radios - dem Netzstecker und des Netzkabels. Gar nicht selten gibt es hier in der Tat schon ein "kann so nicht eingeschaltet werden" Erlebnis. So tatsächlich auch hier. Das ursprüngliche Kabel war abgeschnitten und ein neues mittels Lüsterklemme angeflickt. Und ich meine angeflickt, denn das neue Kabel hing nur noch mit einigen, wenigen Einzeladern in der Klemme. Die Klemme selber war ebenfalls ein offensichtlich älteres Baujahr und nicht ganz ungefährlich. Die Klemmschrauben sind fast bündig mit der Oberseite der Klemme und durchaus leicht berührbar. Wann oder wo immer so etwas mal erlaubt war. Zusätzlich war direkt am Stecker des neuen Kabels die Isolation weitestgehend defekt. Da denke ich dann immer wieder, manche trauen sich schon was. Eines der Radios das schon erhebliche (Lebens)gefahr birgt, ohne das es eingeschaltet wird. 

Bei der Gelegenheit noch ein Hinweis: Fast alle Röhrenradios, wenigstens der 50er Jahre, haben irgendwann mal einen neuen Netzstecker erhalten. Und dann eigentlich immer einen mit Schutzleiteranschluß (die berühmte "Erde"). Das Problem : Kein Röhrenradio hat jedoch einen Schutzleiter! Hier wird durch den neuen Stecker ein Schutz vorgegauckelt, welcher schlicht nicht exestiert. Der Schutzleiteranschluß ist im Stecker dann immer nicht belegt. Solche Stecker werden dann ohnehin von mir gegen einen Eurostecker ausgetauscht.

Im Falle dieses Radios wäre die Steckerwahl übrigens völlig richtig gewesen. Leider defekt und daher nicht mehr zu verwenden.

Das war dann später meine erste Amtshandlung. Der abgeschnittene, alte Kabelrest wurde an entsprechender Stelle ausgelötet und ein komlett neues Netzkabel samt Stecker angebracht. Mit vernünftigem Stecker und Kabel, kann jetzt auch direkt der Netztrafo primärseitig geprüft werden. Sollte dieser defekt sein, erübrigt sich mit Pech der Rest der Instandsetzung. Die Prüfung ist recht simpel und findet ohne Spannung statt. Es wird der Widerstand des Trafos gemessen, direkt über den Netzstecker. Einmal mit eingeschaltetem (aber stromlosen) Radio, und einmal mit ausgeschaltetem (und immer noch stromlosen) Radio. Dafür wird einfach der Netzstecker an ein Messgerät angeschlossen. Die Messung sollte ergeben: 

  • Ausgeschaltet = Wert im sehr hohen Megaohm Bereich. (hier oberhalb des möglichen  Meßbereichs von 60Megaohm).
  • Eingeschaltet = Wert im Ohm Bereich

Wenn das gegeben ist, ist der Trafo sehr sicher noch in Ordnung.


Weiter geht die Sichtprüfung. Dazu wird erstmal die Rückwand entfernt. Sollte das Innenleben sehr stark verstaubt sein, empfiehlt sich eine vorsichtige, grobe Reinigung mittels weichem Pinsel und Staubsauger. Die Bauteile sollten einigermaßen gut zu erkennen sein. 

Auf folgendes wird geachtet:

  • Sieht alles vollständig aus? Sind alle Röhren vorhanden?
  • Sind die richtigen Röhren im Radio?
  • Ist der Trafo, die Filterbecher, der Ausgangsübertrager rein optisch o.k.?
  • Ist der Lade/Siebelko optisch unauffällig = gibt es Auslaufspuren, ist das eventuell vorhandene Abblasventil vorhanden/unbeschädigt?
  • Ist die Netzsicherung vorhanden? Wenn ja, ist der richtige Wert eingesetzt?
  • Gibt es Entstörkondensatoren (meist) direkt am Trafo?
  • Gibt es sonstige Auffälligkeiten in Form von Verschmorungen, aufgequollenen/ausgelaufenen Kondensatoren, bereits mal durch zu hohen Stromfluß verfärbte/verschmorte Widerstände (gerne mal am Ausgangsübertrager zu sehen).
  • Gibt es verschmorte Kabel/Drähte oder beschädigte Isolationen an diesen?
  • Oder sonstiges, was irgendwie zweifelhaft aussieht oder möglicherweise fehlt.

Für dieses 4090 gilt nach Sichtprüfung: 

  • Alles war vollständig vorhanden.  Der Abschirmbecher der Röhre EBF89 war nicht mehr dort wo er sein sollte. Ich fand Ihn am Magneten des Hauptlautsprecher wieder. Aber immerhin noch vorhanden.
  • Der Trafo und das übrige, oben genannte waren rein optisch o.k.  
  • Der Lade/Siebelko war nicht zu sehen, da er samt Gleichrichter unterhalb des Chassis verbaut ist.
  • Die Netzsicherung zeigt Korrosion, hat aber den richtigen Wert von 400mA.
  • Sonst keine negativen Auffälligkeiten

Eines fiel jedoch auf. Eine Röhrenfassung einer EL95 wurde bereits mal ausgetauscht. Die ursprüngliche Pertinaxfassung wurde gegen eine keramische Fassung ersetzt. Also, kein jungfäuliches Radio mehr, hier war schon mal jemand zu Gange. 

Als nächstet wird das Radio auf den Rücken gelegt und die Bodenplatte abgenommen. Hier gibt es fast immer einen Draht der vom Chassis zur Bodenplatte geht und dort befestigt ist. Meist mit einer der Schrauben der Bodenplatte (hier der Fall), manchmal aber auch mit der Bodenplatte verlötet. Vor Chassisausbau also immer erst die Bodenplatte entfernen um diese potentielle Verbindung zu lösen. Es gibt weitere Verbindungen welche vor Ausbau auch gelöst werden müssen. Die Lautsprecher müssen meist abgelötet werden, selten gibt es dazu einen Stecker auf dem Chassis (macht SABA z.B. gerne). Manchmal ist das magische Auge separat in der Front befestigt. Dieses ist dann natürlich ebenfalls auszubauen. 

Da ich das Chassis ausnahmslos immer ausbaue, findet die weitere Sichtkontrolle von unten auch erst dann statt. Und das erste was geschieht wenn das Chassis ausgebaut ist - Skalenscheibe abmontieren und an einen sicheren Ort legen! Wenn diese zu Bruch geht, ist Ersatz nur schwer, gar nicht und in jedem Fall nur teuer zu bekommen.

Auffällig war der Widerstand direkt am Lade/Siebelko. Dieser lag stramm an einer Lötstelle und die äußere Isolierung zeigte Beschädigungen. Eine Überprüfung ergab das der Widerstand hochohmig geworden ist. Statt 600 Ohm hatte er messtechnisch knapp 12 Megaohm. Und spätestens hier wurde zum ersten Mal der Schaltplan benötigt. Auf dem Widerstand selbst war kein Wert mehr zu erkennen.


Lade/Siebelko und Gleichrichter zeigten optisch keine Auffälligkeiten. Zu sehen waren einige der, immer recht mitgenommenen, ERO Kondensatoren. Ebenso viele blaue Kondensatoren in Bonbonform. Auch diese sind Papierwickelkondensatoren und gehören gewechselt. Optisch hier zunächst akzeptabel. Keine Aufplatzungen oder Schmorspuren. Ins Auge fallend war ein recht großer 0,22uF ERO Kondensator. Mittig frei liegend an der EC92. Da so schön zuganglich, fiel hier gleich ein gebrochene Anschlußdraht auf.

Also, zunächst mal nichts dramatisches zu erkennen. Der ohnehin anschlußmäßig gebrochene 0,22uF Kondensator wurde direkt erneuert.

Bevor aber der erste, vorsichtige Startversuch stattfinden kann, werden obligatorisch vorher einige Teile gewechselt um einen möglichen, größeren Schaden zu vermeiden.

1.) Wenn vorhanden, Entstörkondensator(en) austauschen oder vorerst einseitig abtrennen. Selten sitzt hier ein Keramikkondensator. Diese sind in der Regel noch in Ordnung, sollten aber dennoch überprüft werden. In fast allen Fällen sind hier jedoch Papierwickelkondensatoren verbaut. 

2.)Der/die Koppelkondensatoren werden gewechselt. Bei diesem Radio sind es zwei, je einer zum Steuergitter der Endröhren. Aber, wie schon festgestellt, war ja schon mal jemand an diesem Radio zu Gange. Und derjenige hatte seinerzeit auch beide Koppelkondensatoren getauscht. Es liegt nahe das die Originalteile (mindestens einer) durch einen Defekt soviel Leckstrom durchgelassen hat, das die Röhre derart heiß wurde, das dadurch auch die Röhrenfassung Schaden genommen hat. Daher vermutlich der nötige Wechsel auch der Röhrenfassung. Die Ersatzkondensatoren waren auch schon ein älters  Baujahr. Eine Überprüfung auf Kapazität und Isolationswiderstand ergab jedoch, das beide noch völlig in Ordnung waren. 

3.) Weiterhin muß der Kondensator zu Anode der Endröhre gewechselt werden, wenn vorhanden.

4.)Auch wenn der erwähnter Lade/Siebelko keine optischen Auffälligkeiten zeigt, ist er gesichert nicht mehr 100%ig o.k. Für den ersten Start lasse ich Ihn meist drin. Jedoch fahre ich das Radio immer unter kontrollierten Bedingungen, unter Beobachtung der Leistungsaufnahme, langsam an einem Regeltrenntrafo hoch. Dabei wird die Leistungsaufnahme (Watt) des Radios genau beobachtet. Wer diese Möglichkeit nicht hat, dem empfehle ich dringend vor dem ersten Start auch den Lade/Siebelko (provisorisch) zu wechseln. Bei allen Elkos unbedingt auf die Polung achten!! Bei Falschpolung besteht unter Umständen Expolsionsgefahr!! 

5.)Problemkondensatoren welche ggfs. am Ausgangsübertrager sitzen werden gewechselt.

  • Wenn also:
  • - eventuell vorhandene Entstörkondensatoren mindestens erstmal außer Funktion (z.B. einseitig abgekniffen) genommen wurden,
  • - der Koppelkondensator erneuert wurde,
  • - der Kondensator zur Anode der Endröhre (wenn vorhanden) erneuert wurde,
  • - der Lade/Siebelko (provisorisch reicht für's erste) erneuert wurde,
  • - eventuell am Ausgangsübertager vorhandene Problemkondensatoren ausgewechselt wurden,

dann sind alle Teile welche dem Radio erheblichen Schaden zufügen können eliminiert.

Tip: Vor dem ersten einschalten, Skalenbirnchen prüfen, bzw. mindestens eine einsetzen welche gesichert funktioniert. Dies ist immer ein schönes, optisches Zeichen das daß Radio eingeschaltet ist.

Alle anderen Problemkondensatoren werden später natürlich auch gewechselt. Diese sind meist stark Funktionsrelevant, bergen jedoch nicht das Risiko Folgeschäden bei einem kurzen Probelauf zu verursachen.

Es folgt dann eine Prüfung aller Röhren auf meinem RPG Funke W20. Die ermittelten Werte werden notiert. Sofern nicht defekt, verbleiben dann alle Röhren zunächst erstmal im Radio. Auch wenn sie verbraucht sind. 

Letztendlich dient der erste, kurzgehaltene Anlauf nur dazu, um festzustellen ob überhaupt noch Leben im Radio ist. Das war hier der Fall.

Bevor ich jedoch jetzt weitere elektrische Bauteile überprüfe oder austausche, widme ich mich zunächst der Mechanik. Der Grund ist simpel. Meist müssen Achsen gängig gemacht werden o.ä. Entfetten, säubern, neu schmieren - damit muß man die z.B. neuen Kondensatoren nicht gleich wieder versauen. 

Folgendes wird mechanisch geprüft:

  • Sind alle Skalenseile noch ganz und unbeschädigt?
  • Sind alle Umlenkrollen der Skalenseile vorhanden, unbeschädigt und leichtgängig?
  • Lassen sich die Drehkondensatoren leicht drehen?
  • Greifen die Beläge der (Duplex)kupplung noch gut und nehmen den Skalenzeiger mit?
  • Lassen sich alle Potiachsen leicht bewegen?
  • Schalten alle Wahltasten sauber?
  • Dreht die Ferritantenne noch leichtgängig?
  • Sind die Halter der Skalenbirnchen noch unbeschädigt und am vorgesehenen Platz?
  • Ist der Sicherungshalter noch stabil und sicher?  - Sehr wichtig!
  • Ist die Zugentlastung des Netzkabels vorhanden und funktioniert diese auch?

Für dieses 4090 ergibt sich folgendes Ergebnis:

  • Die Skalenseile waren intakt und unbeschädigt
  • Alle Umlenkrollen o.k. und leichtgängig.
  • Drehkos leichtgängig.
  • Kupplung für den AM Bereich rutschte durch.
  • Lautstärkepotie sehr schwergängig.
  • UKW Taste und Aus Taste schwergängig. UKW Taste ging nicht mehr ganz nach oben, Aus Taste bewegte sich nur in Zeitlupe nach oben.
  • Alle weiteren oben sonst aufgeführten Punkte waren in Ordnung.


Behebung der mechanischen Probleme:

Grundigradios haben oft völlig ausgehärtete Kupplungsbeläge. Folge: Der Mitnehmer rutscht durch und der Skalenzeiger bewegt sich entsprechen nicht. Hier war auch nur auf den ersten Eindruck die Mitnahme des UKW Bereiches in Ordnung. Das Schwungrad des Skalenantriebes ist mit einer Schraube auf der Welle fixiert. Dieses wurde irgendwann mal näher an den UKW Mitnehmer gerückt um den Druck auf die Kupplung zu erhöhen, damit diese wieder greift. Nachdem ich dies wieder rückgängig gemacht hatte, gingen naturgemäß weder der Antrieb für AM noch für FM. Also wurden beide Kupplungsbeläge erneuert. Ich verwende hierfür einen ca. 3mm dicken, einseitig genoppten Gummibelag. Die Rück(klebe)seite ist glatt und textilverstärkt. Ursprünglich wird dieser Belag für große, schwere, stark ziehende Wellen verwendet. Als Kupplungsbelag für einen Skalenantrieb wird dieser wohl das Radio selbst überleben.

Zunächst wird der alte Kupplungsbelag entfernt. Dieser ist in der Regel so ausgehärtet, das er in mehrere Stücke zerbricht. Ich versuche immer  möglichst große Bruchstücke zu erhalten. Diese, später lose zusammengesetzt, ergeben dann eine gute Schablone für den neuen Belag. Um den neuen Belag montieren zu können, ohne die ganze Einheit zerlegen zu müssen, wird dieser an einer Stelle aufgeschnitten, einfach über die Welle gezogen und dann entsprechend wieder verklebt. Nach erfolgter Operation funktionierten beide Skalenantriebe wieder einwandfrei.

Dort wo auf oberem Foto das Schwungrad und die Federn zu sehen sind, lag auch die Ursache für die schwergängige UKW Taste. Die Welle war recht verharzt mit altem Fett. Dadurch bewegte sich die Einheit nur schwergängig. Ein säubern und anschließendes Neuölen brachte wieder die nötige Leichtgängigkeit. Achtung: Bei der Neuschmierung darf auf keinen Fall Öl mit den Skalenseilzügen in Verbindung kommen!

Ähnliches gilt für die Aus Taste. Auch hier waren nur alte, verharzte Schmierstoffe gepaart mit Schmutz ursächlich für das Problem. Säubern, neu ölen, fertig.

Das schwergängige Lautstärkepoti: Hier geht von vorne eine Welle in eine andere Welle. Äußere Welle = für die drehbare Ferritantenne. Innere Welle = Welle des Lautstärkepotis. Der Zwischen(dreh)raum ist hauchdünn. Und wie oben ist auch hier sehr oft verharztes Fett die Ursache für die Schwergängigkeit. Auch hier - alles gut säubern neu ölen und alles läuft wieder schön leicht. Es ist etwas aufwändiger als es sich hier liest. Natürlich werden die Bereiche aller anderen Drucktasten gleich entsprechend mitbehandelt.

Damit war der mechanische Teil wieder voll funktionstüchtig.

Jetzt folgt die gründliche Chassisreinigung. Hierbei ist es von Vorteil die Röhren zum besseren Arbeiten zu entfernen. Wer das selber macht  - gut merken welche Röhre wo war. Bei dieser Gelegenheit werden dann auch direkt die Röhrenfassungen gereinigt. Achtung: Niemals die Fassungen mit Kontaktspray "wässern". Das vollsaugen, der meist Pertinaxfassungen, kann dann zu Kurzschlüssen zwischen den einzelnen Fassungskontakten führen! Kurzschluß = Verkohlung = hervorragender Leitstoff = Tod der Röhrenfassung!!

Ich nehme hierfür Bürstendentalsticks mit welchen nur die einzelnen Kontakte gereinigt werden. Als Reinigungsmittel  (Dentalstick einsprühen, nicht die Fassung) nehme ich Tesanol Kontaktspray. Nach Reinigung wird das ganze dann noch mit Druckluft ausgeblasen. Vor dem Einsetzen der , jetzt auch neuen Röhren wo nötig, werden die Röhrensockel ebenfalls gereinigt. Bei starker Oxidation zunächst mit einem Glasfaserpinsel, abschließend dann noch mit einem in Kontakt 61 getränkten Wattestäbchen nachgesäubert. Wenn dies alles gründlich und gewissenhaft gemacht wird, gibt es auch keine Kontaktprobleme (mehr). Spätere Kontrolle: Im Radiobetrieb an jeder Röhre einmal wackeln. Es darf keine hörbaren Folgen haben. Achtung: Ein Laie hat nichts im inneren des Radios bei laufendem Betrieb zu suchen. Nicht mal zum "Röhrenwackeln". Es gibt oftmals in unmittelbarer Nähe der Röhren spannungsführende Bauteile = potentielle Lebensgefahr!

Bei den Grundiggeräten mit Wunschklangregister ist dieses für einwandfreie Funktion von zwei Seiten zu bearbeiten. Einmal müssen die jeweilig zuständigen Kondensatoren gewechselt werden. Desweiteren müssen die Schleifbahnen der Kontakte von Oxidation befreit werden. Da diese recht zierlich sind, hat sich auch hier der Bürstendentalstick bewährt. Selbstverständlich werden auch alle übrigen Schaltkontakte gereinigt.

Jetzt folgen einige weitere Stunden Fleißarbeit. Der Austausch aller Problemkondensatoren.

Ich empfehle immer nur einen Kondensator nach dem anderen zu wechseln und nicht mehrere gleichzeitig zu entfernen. So ist die Gefahr von Verwechslung und / oder potentiell eine falsche Anschlußstelle zu erwischen fast unmöglich. Es empfiehlt sich ebenso nach Austausch von drei, vier Kondensatoren kurz einen Probelauf zu starten. Sollte sich trotzdem ein Fehler eingeschlichen haben, kann man diesen eng eingrenzen. Stellt man dies erst nach 20, 30 Austauschteilen fest, kann es eine sehr langwierige Sucherei werden.

Bei meinen Instandsetzungen wird von jedem Kondensator vor Einbau der Außenbelag ermittelt und wieder so eingebracht wie im Original. Bei Interesse wie und warum, siehe auch hier:

Kondensator Außenbelag.


Die Netzsicherung wird übrigens immer gegen eine neue ersetzt. Sehr oft ist diese ohnehin  schon mechanisch sehr marode und die Kontaktkappen lösen sich beim rausmachen. Und raus muß sie immer, denn die Kontaktflächen des Sicherungshalters sind immer oxidiert und müssen gereinigt werden.


Nun haben wir ein Gerät bei dem alle defekten Kondensatoren ausgetauscht sind, inkl. des Becherelkos ☆☆sowie aller Kleinelkos. Verbrauchte Röhren wurden gegen geprüfte NOS Röhren ausgewechselt, alle Röhren sind jetzt neuwertig. Alle Widerstände wurden überprüft. Das heißt, das Radio fordert jetzt die volle Leistung vom Netzteil. Das führt zum letzten, technischen Punkt. Der Überprüfung der Spannungen. Hier beginne ich immer mit einer Spannungsmessung am Gleichrichterausgang. Wenn die Spannung hier schon zu niedrig ist, sind zwangsläufig auch alle Anodenspannungen zu niedrig. Erfreulicherweise war hier der alte Säulengleichrichter noch in sehr gutem Zustand. Er lieferte nur ca. 10 Volt zu wenig, was inzwischen selten ist. Da wir aber heute ohnehin 230 Volt Netzspannung haben und nicht wie in den 50er, 60er Jahren 220 Volt, wird der altersbedingte, geringe Spannungsverlust des Gleichrichters komplett kompensiert. Er wurde ,wie in diesem Zustand zu erwarten war, auch nicht heiß. Gefühlt handwarm, gemessen an der wärmsten Stelle ca. 30°. Es gab also keinen Grund Ihn auszutauschen. Wenn das denn doch mal nötig ist, habe ich z.B. in meinem Reparaturbericht des Grundig 6099 ausführlich beschrieben was dann gemacht wird und worauf zu achten ist. Bei Interesse siehe bitte hier:

Reparaturbericht Grundig 6099.


Die Leistungsaufnahme war ebenfalls völlig in Ordnung. Abschließend werden dann noch die Anodenspannungen und Gitterspannung der Endröhren kontrolliert. Weitere Messungen gibt es nur, wenn sich während des Probelaufes noch Schwächen offenbaren. 

☆☆Viele andere Reparateure belassen den Lade/Siebelko (Becherelko) im Gerät, so lange es noch nicht brummt oder der Becher heiß wird (wenn er das wird, wird's wohl auch schon mächtig brummen). Ich tausche diesen konsequent immer mit aus. Abgesehen davon, das eigentlich jeder Becher nicht mehr die ursprünglichen Kapazitäten aufweist, werde ich bei Kundengeräten keine Experimente machen. Viele Geräte werden über hunderte km bei mir angeliefert (das letzte war 600 km entfernt zu Hause). Das der alte Becherelko dann irgendwann Fehler verursacht, werde ich nicht riskieren. ☆☆

Wie inzwischen bei ca. jedem zweiten Radio, wurde auch hier noch der Bluetoothadapter installiert. Die Zeit des Probelaufes ist immer bestens geeignet um den Bausatz zu bestücken und alles für den Einbau vorzubereiten. Bei Interesse an dem, speziell für Röhrenradios entwickelten, Bluetoothadapter, siehe bitte hier:

Bluetoothadapter speziell für Röhrenradios.


Damit sind die Chassisarbeiten vorerst - und mit etwas Glück endgültig - abgeschlossen. Ob dies so ist, zeigt der dann anstehende, min. 12 Stündige Probelauf. Mitunter treten hier nach einigen Stunden Laufzeit noch Schwächen zu Tage. Röhrenradios müssen erstmal warmlaufen. Dann zeigt sich ob mit aufbauender Temperatur alles stabil läuft und bleibt.  Bei diesem 4090 war glücklicherweise alles abschließend o.k.

Da der Probelauf zunächst nur mit einem extern angeschlossenem Lautsprecher stattfindet, kann währenddesen die Aufarbeitung des Gehäuses gemacht werden.

  • Das innere des Gehäuses wird komplett gereinigt. 
  • Alle Messingteile werden aufpoliert. Für Selbermacher - Vorsicht, bei vielen Radios sind die Zierleisten nur mit einer dünnen Schicht vermessingt. Zu starkes Polieren führt zum Abtragen der Messingschicht.
  • Alle Plastikteile werden mit Kunststoffreiniger gereinigt. In unzugänglichen Ecken helfen plattgedrückte Wattestäbchen oder wieder die altbewährten Dentalsticks.
  • Der Lack wird zunächst mit Lackreiniger aufgearbeitet. Das ist recht mühsam und nimmt min. eine Stunde Zeit in Anspruch. Aber es lohnt sich immer. Anschließend wird dann die gesamte Holzfläche noch poliert. Je nach Gehäuse verwende ich hier helle oder dunkle Politur.

Drei Kontrollen werden hier noch durchgeführt:

1. Ist die eingebaute Dipolantenne vorhanden, vollständig und sind alle Anschlüsse intakt?

2. Sind es an den Lautsprechern noch eventuell Tonfrequenzelkos vorhanden? Wenn ja, werden diese selbstverständlich noch gewechselt.

3. Ist die Lautsprecherdämmung noch brauchbar? Besonders Grundigradios haben oft eine völlig bröselige Schaumstoffdämmung, welche nichts mehr dämmt. Folge davon: Im besten Fall nur ein flacher Klang. Meist aber gibt es deutlich störende Geräusche wie Scheppern, Brummen, Zischeln, usw. Für eine detailierte Beschreibung siehe bitte hier:

Grundig 6099

 

Wenn auch das erledigt ist, wird das Chassis provisorisch wieder an die Gehäuselautsprecher angeschlossen. Jetzt zeigt sich ob auch klanglich alles passt. Ein extern angeschlossener Lautsprecher kaschiert mitunter Schwächen. Die auf das Radio abgestimmten Gehäuselautsprecher jedoch offenbaren jedes Manko, wenn denn vorhanden. Hier war alles in Ordnung.

Die letzte, technische, aber sehr wichtige Amtshandlung - eine Prüfung auf Betriebssicherheit nach DIN/VDE 0701/0702. Diese garantiert letztendlich die Sicherheit für den Kunden. Jedes Radio wird nach der Instandsetzung entsprechend geprüft und der Kunde erhält ein entsprechendes Prüfprotokoll mit seinem Radio. Durch Mitgliedschaft in der Handwerkskammer zu Köln und Eintragung in der Handwerksrolle, bin ich offiziell befugt diese Prüfung durchführen zu dürfen. 

Nach erfolgreichem und störungsfreiem Probelauf, wird das Chassis wieder eingebaut, die Lautsprecher fest angeschlossen und alles wieder verschraubt. Das fertige Radio spielt dann so noch einige Stunden. Sicher ist sicher. 

Das Ergebnis: Ein wieder kräftig klingendes und ohne Einschränkungen  nutzbares Röhrenradio mit bestem Empfang. Und am allerwichtigsten - ein wieder geprüft betriebssicheres Röhrenradio! Einzig schade ist, das der Kunde kein neues magisches Auge haben wollte. Das ist einfach immer das Sahnehäubchen bei den ohnehin schönen Radios.Tatsächlich das erste mal, das ein Kunde dies nicht wollte. Doppelt schade, denn bei TA und TB Betrieb wird das MA hier sogar abgeschaltet. 


Ich denke dieser Bericht verdeutlicht recht gut, das eine vernünftige Instandsetzung nicht in drei, vier Stunden zu machen ist. Da reicht auch nicht ein ganzer Tag. Obere mechanische Probleme sind nur einige Beispiele, weil hier halt vorhanden. Es gibt viele weitere Dinge die auftreten können. Von gerissenen Skalenseilen über gebrochene oder fehlende Bedientasten bis hin zu vielen weiteren Dingen. Jedes Radio bringt so seine Überraschungen mit. Abgesehen von immer wieder mal auftretenden Problemen im elektrischen Bereich während des Probelaufes. Z.B eine Röhre die trotz Prüfung auf dem RPG im Betrieb Schwächen zeigt, Klang- oder Empfangsprobleme und vieles mehr. Dann geht's über die Standardarbeiten ins Eingemachte.  Im Kundeninteresse und genauso in meinem Interesse ist es aber, das der Kunde sein Radio zu Hause hinstellt und dann hoffentlich viele Jahre störungsfrei genießen kann. Und wenn das bestmöglich gewährleistet sein soll, dann gibt es zu einer Runduminstandsetzung mit ausgiebiger Probelaufzeit keine Alternative. Alles andere wäre nur Flickwerk und würde sich über kurz oder lang rächen. 

Bericht Ende.






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